Ich trink Ouzo, was trinkst du so? — Stella Bettermann
Das Buch zur Krise
Eine Liebeserklärung an Griechenland
Die Journalistin Stella Bettermann hat ein Buch geschrieben, das beim Lesen gute Laune macht, die auch nach dem Ende der Lektüre noch richtig lange anhält. Die Autorin ist Halbgriechin und verbrachte die Sommer ihrer Kindheit und Jugend gemeinsam mit Eltern und Bruder Jahr für Jahr bei der Familie ihrer Mutter in Griechenland. Den Zauber, die Exotik und die heftigen Turbulenzen dieser außergewöhnlichen Ferien beschreibt sie in „Ich trink Ouzo, was trinkst du so?“. Entstanden ist eine Liebeserklärung an Griechenland, an die griechischen Menschen, an die Warmherzigkeit ihrer eindrucksvollen Großmutter und an eine ungewöhnliche Familie, die der Leser so schnell nicht vergessen wird.
Mit feinem Humor erzählt Stella Bettermann von der abenteuerlichen, drei Tage dauernden Autofahrt von München nach Piräus, von Staub und Hitze und vom großartigen Empfang, der der verlorenen Tochter und ihrer Familie alljährlich bei der Ankunft bereitet wird.
Die Autorin beschwört den Duft von Anis und Zimt herauf, die Begrüßungsküsse der Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen, die Freude des Großvaters und die weichen Hände der Großmutter, die nach Basilikum duften. Großmutter und Großvater – Yiayia und Pappous – sind neben Cousine Anna die wichtigsten Menschen im Ferienkosmos des Mädchens aus Deutschland. Mit der fast blinden Yiayia geht Stella jeden Tag auf den Markt, um Obst und Gemüse einzukaufen, deren Frische die Großmutter kundig ertastet. Mit Pappous besucht sie den Spielplatz und lernt, dass griechische Mädchen keinesfalls rennen oder sich schmutzig machen dürfen und immer perfekt frisiert sind. Mit Cousine Anna besteht Stella echte Abenteuer, wie jene Expedition in ein Kaffeehaus, dessen Besuch ausschließlich Männern vorbehalten ist.
An dieser Stelle eine wichtige Warnung: Man sollte dieses Buch keinesfalls mit leerem Ma-gen lesen, denn die genussvolle und ausführliche Beschreibung der Berge an köstlichem Essen, die Abend für Abend von der Großmutter für die Familie zubereitet und aufgetischt werden, könnte dann schnell zur Qual werden. Auch Stella Bettermanns Ouzo-Warnung soll-te besser beim nächsten Griechenland-Urlaub beherzigt werden: Während man ihn trinkt, merkt man nichts, doch sobald man aufsteht, haut er einem die Beine weg.
Sensibel und mit viel Humor widmet sich die Autorin auch den kulturellen Unterschieden zwi-schen Griechen und Deutschen, die den Alltag prägen und zu manchen Missverständnissen führen können. So legen die Griechen größten Wert auf repräsentative Wohnungsein-richtungen mit viel Deckchen und Nippes, lieben ausländische Markenkleidung und reichhaltige Mahlzeiten, überbehüten ihre Kinder bis weit in deren Erwachsenenalter hinein. Und die Deutschen? Die lassen ihre Hunde überall Haufen machen, auch auf dem Spielplatz. Und waschen tun sie sich nicht, wie es sich gehört, mit den Händen, sondern mit einem Lappen – wie unhygienisch. Aber ordentlich und fleissig sind sie, diese Deutschen, und schön grün ist es dort überall. Stellas Onkel Michalis erklärt eindrucksvoll, was aus seiner Sicht typisch griechisch ist: „Die Griechen lassen sich einfach nichts sagen, auch nicht vom Chef. Denen ist es auch ganz egal, ob einer wohlhabend ist oder einflussreich. Das macht bei ihnen keinerlei Eindruck. Die denken bloß: Wer bist du schon, du hast mir gar nichts zu befehlen. Das ist auch das Problem mit Griechenland – dass jeder kleine Angestellte die Anweisungen seines Chefs in Frage stellt. Die Engländer aber sagen ‚Yes, Sir!‘ und verbeugen sich auch noch. Und die Deutschen sagen ‚Jawoll‘ und schuften, wenn der Chef das von ihnen verlangt. Deswegen sind dies reiche Länder geworden.“
www.luebbe.de
205 Seiten
€ 7,99 (D) / € 8,30 (A) / SFr 14,50*
ISBN 978–3‑404–61666‑4 / Verlag: BASTEI LÜBBE
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