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Wer Kompromisse anstrebt, gilt als Schwächling

Die online Umfrage der “Welt” gibt das derzeit­ige Bild der Griechen real wieder. Ver­trauen in das griechis­che Volk und vor allem in den griechis­chen Staat sieht anders aus. Vor allem in Griechen­land sieht es derzeit noch aus, als ob sie immer noch an der Real­ität vor­bei leben. Erst wenn bald der näch­ste Gang zur Bank für Kred­ite anste­ht, wird den Griechen die Gegen­wart schnell einge­holt haben. Eine wach­sende Zahl von geplatzten Kred­itkartenabrech­nun­gen und ungedeck­ten Schecks, zwin­gen den Banken den Men­schen in Griechen­land immer mehr Kred­itver­weigerun­gen auszusprechen.

Der Ökonom Jens Bas­t­ian lebt seit 12 Jahren in Griechen­land und schreibt in einem Artikel der Zeitung Welt über die augen­blick­liche Ein­stel­lung der Griechen. “Wer Kom­pro­misse anstrebt, gilt als Schwäch­ling”. Es ist urgriechisch “sich vernün­fti­gen Regeln hart­näck­ig zu wider­set­zen” schreibt er weit­er. Und so ist es kein Wun­der, wenn Europa den Griechen derzeit nicht viel zutraut und den dro­hen­den Fin­ger in Rich­tung Süden ausstreckt. Nicht ganz richtig, wie wir meinen.

„Die Griechen in Deutsch­land sind etabliert und inte­gri­ert in der Gesellschaft, vor allem auch im akademisch gebilde­ten Beruf­skreis, wie kaum eine andere Nation“, schrieb uns vor kurzem ein Deutsch­er als Mit­glied der Deutsch Griechis­chen Gesellschaft aus Han­nover. „Sie sind eine ide­ale Ergänzung mit Heil­fak­tor der deutschen Seele“. Griechen im All­ge­meinen präsen­tieren sich also doch anders. Und das haben sie laut der Geschichte ihres Lan­des mehrmals unter Beweis gestellt. Auf das eigene Anse­hen in jed­er Beziehung acht­en die stolzen Griechen pein­lichst genau. Es ist sozusagen eine weit­ere, typ­is­che Men­tal­ität der Griechen. Zudem sind sie fleißig und intel­li­gent. Im Aus­land, in jedem anderen Staat also, wo Exeku­tive und Judika­tive ineinan­der greifen und von der All­ge­mein­heit geachtet wer­den, sind Griechen erfol­gre­ich und angesehen.

Gewiss, in Griechen­land wird z.B. das Rauchver­bot nicht wirk­lich umge­set­zt und auch andere Geset­ze wer­den von den Bewohn­ern nicht mit der richti­gen Achtung befol­gt. Das ist doch ver­ständlich, denn die Men­schen sind bezüglich des Rauchver­bots erstens “Die Rauch­er” Europas und zweit­ens find­en Kon­trollen eh nicht statt. Und wenn, dann geben sich Kon­trolleure mit dem Volk gerne sol­i­darisch, stellen sich auf bei­den Augen blind oder brechen selb­st das Gesetz. Denn auch sie wur­den dafür nicht zur Rechen­schaft gezo­gen. Das wis­sen die Men­schen dort. Das gibt aber keinem das Recht uns Griechen als hart­näck­ige Wider­set­zer zu titeln. Denn unter solchen lock­eren Umstän­den wür­den die Men­schen über­all auf der Welt sich ähn­lich gle­ich ver­hal­ten. “Ist die Katze aus dem Haus tanzen die Mäuse auf dem Tisch” sagt man nicht nur in Griechen­land, lieber Herr Bas­t­ian. Es gab sozusagen keine Kläger und dem­nach bekan­ntlich auch keine Richter.

Auch wenn viele Men­schen in Griechen­land auf die Krise men­tal nicht vor­bere­it­et sind und das Ver­trauen in die griechis­che Poli­tik und den griechis­chen Staat wohl auf dem tief­sten Punkt ange­langt ist. Das griechis­che Volk hat immer mit eigen­er, gemein­samer Kraft viele Krisen und Kriege gemeis­tert. Auf den Druck von Brüs­sel wird es in naher Zukun­ft ankom­men, ob sie nun endlich als ernst zu nehmender Kläger die griechis­che Regierung anweisen, ihre Hausauf­gaben richtig zu machen. Mit schär­fer­en Kotrollen hätte Europa allerd­ings schon vor Jahren anfan­gen müssen. Warum tat sie das bish­er nicht? Mit Absicht oder nicht, die EU ist Jahre lang ihrer Pflicht nicht nachgekom­men. Bedauer­licher­weise nicht. Nein, sie hat die Finanzkrise in Griechen­land nicht her­beige­führt. Ver­hal­tens­mäßig ist sie aber mit den bere­its hier erwäh­n­ten Kon­trolleuren in Griechen­land gle­ich zu set­zen und deshalb mitschuldig.